Die Große Koalition (GroKo) hat steuerlich in den nächsten vier Jahren wenig vor oder hält sich bewusst vage, um keine hohen Erwartungen zu wecken oder um mit dann verwirklichten Steuerrechtsänderungen nicht mit dem Koalitionsvertrag zu konfligieren. Angesichts der vereinbarten erheblichen Mehrausgaben und dahinter zurückbleibenden Steuermehreinnahmen bis 2017 dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Zudem eröffnet die gefundene Formulierung, das Steuersystem müsse fortentwickelt werden, wenn gesellschaftliche oder wirtschaftliche Entwicklungen dies erforderten, Steuerrechtsänderungen in jede Richtung Tür und Tor. Im Folgenden wollen wir dennoch die wichtigsten steuerlichen Vorhaben der GroKo laut Koalitionsvertrag darstellen.

Steuerverfahren

Das Steuerverfahren soll vereinfacht und entschlackt werden, was durch die folgenden Vorhaben erreicht werden soll:

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  • Vorausgefüllte Einkommensteuererklärungen für Arbeitnehmer, Rentner und Pensionäre (ohne weitere Einkünfte).
  • Weitgehender Verzicht auf die Übersendung von Papierbelegen.
  • Ausbau der elektronischen Kommunikation mit dem Fiskus.
  • Einführung der Selbstveranlagung als Standardverfahren wie heute schon bei der Umsatzsteuer und der Grunderwerbsteuer.
  • Restriktivere Handhabung von sog. Nichtanwendungserlassen.
  • Stärkung des Faktorverfahrens im Lohnsteuerbereich durch eine nunmehr mehrjährige Festlegung des Faktors.

Kampf gegen Steuerhinterziehung und Eindämmung der Steuervermeidung

Im Kampf gegen die Steuerhinterziehung sollen folgende Maßnahmen ergriffen bzw. verwirklicht werden:

  • Nutzung des Schnellreaktionsmechanismus zur frühzeitigen Unterbindung von Umsatzsteuerbetrug.
  • Einführung einer Anlaufhemmung der Festsetzungsverjährung bei bestimmten Auslandssachverhalten, wenn diese nicht korrekt erklärt wurden.
  • Aufsichtsrechtliche Sanktionen gegen Banken bis zum Lizenzentzug bei systematischen Verstößen gegen das Steuerrecht.
  • Ggf. Weiterentwicklung der strafbefreienden Selbstanzeige, worunter bspw. eine Abhängigkeit der strafbefreienden Wirkung von vollständigen Angaben für zehn Jahre verstanden wird.

Zur Eindämmung von Steuervermeidungsstrategien stehen folgende Maßnahmen auf der Agenda der GroKo:

  • Unterstützung der BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) Initiative der OECD, die der internationalen Steuervermeidung entgegenwirken soll.
  • Einführung einer länderspezifischen Berichterstattung im Bankenbereich und im Rohstoffhandel über Gewinne, Verluste und gezahlte Steuern.
  • Ausdehnung des Anwendungsbereichs der EU-Zinsrichtlinie auf alle natürlichen und juristischen Personen.
  • Konsequentes Vorgehen gegen die Steuervermeidung durch die Nutzung von Offshore-Finanzplätzen.
  • Bessere Abstimmung des Unternehmenssteuerrechts in der EU auf Basis einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer.
  • Maßnahmen zur Verhinderung weißer Einkünfte und des doppelten Betriebsausgabenabzugs bei internationalen Sachverhalten.
  • Maßnahmen zur Verhinderung einer systemwidrigen Steuerfreistellung im Umwandlungssteuerrecht beim Anteilstausch und bei Umwandlungen mit finanziellen Gegenleistungen.
  • Ggf. nationale Maßnahmen wie die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs für Zahlungen an Briefkastenfirmen, die Schaffung eines öffentlichen Registers für alle wirtschaftlichen Trust-Beteiligungen und die Sicherstellung, dass der Abzug von Lizenzaufwendungen mit einer angemessenen Besteuerung der Lizenzerträge im Empfängerland korrespondiert.

Weitere Vereinbarungen

  • Zwar wird die Gewerbesteuer im Koalitionsvertrag angesprochen, auf Basis der gewählten Formulierung ist aber nicht mit einer Reform zu rechnen.
  • In einer grundlegenden Reform der Investmentbesteuerung soll die steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen im Streubesitz diskutiert werden. Bei Business-Angels und Startups sollen besondere Belastungseffekte vermieden werden.
  • Es soll ein verfassungsfestes und mittelstandsfreundlich ausgestaltetes Erbschaftsteuerrecht mit einem Ausnahmetatbestand beim Erhalt von Arbeitsplätzen geben. Wie diese Formulierung zu interpretieren ist, wird wohl erst nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Erbschaftsteuerrecht klarer werden.
  • Die Grundsteuer soll unter Beibehaltung des Hebesatzrechts für Gemeinden zeitnah modernisiert werden.

Summa summarum beschränken sich die steuerlichen Vereinbarungen auf Verfahrenserleichterungen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und –vermeidung. Letzteres kann aber effizient oft nur im internationalen Kontext erreicht werden. Die Wörter „Steuerreform“ oder „kalte Progression“ kommen im Koalitionsvertrag nicht vor.

Update (27.12.2013):
Der Ausbau der steuerlichen IT soll zusammen mit den Ländern vorangetrieben werden. Neben den Zielen Reduktion der Übersendung von Belegen, Selbstveranlagung und vorausgefüllte Steuererklärungen soll eine verbesserte und breitere IT vornehmlich auch dem Risikomanagement und damit bspw. der automatisierten Aufdeckung von Veranlagungen dienen, die einer genaueren Prüfung bedürfen.

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz soll auf Hörbücher ausgedehnt werden. Zudem soll auf EU-Ebene erreicht werden, dass der ermäßigte Satz auch auf E-Books und E-Paper Anwednung findet.

Die Einführung der Finanztransaktionssteuer mit niedrigem Satz und breiter Bemessungsgrundlage wird auch von der GroKo durch eine verstärkte Zusammenarbeit in der EU verfolgt.

Verschiedene Maßnahmen, die in früheren Versionen des Koalitionsvertrags noch enthalten waren, sind fallengelassen worden. Das sind die Luftverkehrssteuer, verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Software und die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung.